Stellungnahme zu meiner Ehe mit Alexander Klenke
Vorab: Dies ist meine persönliche Sicht und Meinung. Ich erhebe keinen Anspruch auf die allgemeingültige Wahrheit.
Alexander Klenke und ich haben uns im Herbst 2017 im Rahmen meines Engagements für Gefangene kennengelernt. Ich hatte 2016 angefangen, Briefe mit Gefangenen zu schreiben, um sie durch die Haft zu begleiten. Vom sogenannten „Maschseemord“ hatte ich bis zum ersten Brief von Alex noch nie gehört und kam erst durch ihn damit in Kontakt. Alex ging mir gegenüber offen mit seiner Tat und seiner Vergangenheit insgesamt um und ich hatte entschieden, all meinen Brieffreunden möglichst vorurteilsfrei zu begegnen, daher tat ich das auch mit Alex. Geschockt hat mich die Tat natürlich trotzdem, aber wenn man sich mit forensischer Psychologie befasst hat, dann lernt man schnell, dass es nichts gibt, was Menschen anderen Menschen nicht antun können.
Der Alexander Klenke, mit dem ich es damals zu tun bekam, war insgesamt ein ziemlich „normaler Typ“, hochintelligent, belesen, reflektiert, manchmal seltsam verletzlich. Auch etwas narzisstisch, ja, emotional abgestumpft, ja, aber das fand ich angesichts seiner langen Zeit im kriminellen/Drogenmilieu nicht weiter verwunderlich. Zwischen Alex und mir gab es von Anfang an irgendeine tiefere Verbindung, daher entwickelte sich im Folgenden eine sehr intensive Brieffreundschaft, die bald zu einer „echten“ Freundschaft wurde. Über die Dauer von ca. zwei Jahren haben Alex und ich sicher über tausend Seiten Briefe ausgetauscht, der Großteil davon gefüllt mit philosophischen Gesprächen über das Leben und die Welt und unsere persönlichen Lebensgeschichten. Dazu kamen gelegentliche Telefonate und ein erstes persönliches Treffen im Sommer 2018 im Maßregel-vollzug (MRV) in Göttingen.
Im Winter 2019 trennten sich Alex und seine damalige Partnerin. Alex bat mich, ihn bei der Bewältigung der Trennung zu unterstützen, was ich tat. Wir telefonierten in dieser Zeit täglich, wodurch sich unsere Beziehung noch einmal intensivierte. Ein paar Wochen später sagte Alex mir, dass er sich in mich verliebt hatte und sich eine Partnerschaft mit mir wünschte. Bis dahin war eine romantische Beziehung zwischen Alex und mir nie Thema gewesen, und das kam für mich eigentlich auch nicht in Frage, nicht zuletzt wegen Alex’ Vergangenheit inklusive der Tat. Ich nahm mir dennoch Zeit, um mich mit diesem Gedanken auseinanderzusetzen. Am Ende (Mitte März 2019) ließ ich mich darauf ein, weil Alex und ich bereits eine so enge Beziehung hatten und ich fand, dass eine Partnerschaft eine Chance verdiente.
Die Partnerschaft funktionierte so gut, dass wir bereits einige Monate später, im November 2019, heirateten. Die Ehe hatte v. a. pragmatische Gründe: Nur und erst als Ehefrau galt ich für das MRVZN (Alex’ damalige Vollzugseinrichtung) als Angehörige und es hätte die Möglichkeit bestanden, dass ich Alex auf Ausgänge begleite. Alex befand sich damals in einem Lockerungsprozess und den konnte ich als Ehefrau besser begleiten als als „einfache“ (temporäre) Freundin. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Liebesheirat war: Ich hätte Alex nie geheiratet, wenn ich mir damals nicht sicher gewesen wäre, dass ich mein Leben mit ihm verbringen will.
Kurz nach unserer Eheschließung gerieten Alex und ich allerdings in einen Konflikt, der sich zu einer schweren Beziehungskrise ausweitete. Ausgangspunkt war, dass ein ehemaliger Schulkamerad von mir, der damals in der Pathologie in Hannover arbeitete, mir von den schweren Kopf-verletzungen von Andrea (die Frau, die Alex getötet hatte) erzählte. Er wollte mich damit wohl warnen. Das war ungeschickt, aber angesichts der Schwere der Tat konnte ich es verstehen. Als ich Alex davon erzählte, reagierte er zuerst ganz ruhig und beantwortete die Fragen, die ich hatte. Einen Tag später lernte ich aber einen Alex kennen, den ich bis dahin nicht kannte: einen Alex, der rasend wütend war und sich (aus meiner Perspektive) völlig irrational verhielt. Ich konnte das damals überhaupt nicht einordnen und versuchte nur irgendwie, den wütenden Alex zu beruhigen und davon abzuhalten, sich an meinem Schulkameraden abzureagieren. Das führte schnell zu stark verhärteten Fronten, die wir trotz aller Bemühungen nicht auflösen konnten.
Ein gutes halbes Jahr stritten Alex und ich darüber, was in dieser Situation zu tun war, ohne dass ich meine Position („Du reagierst über und ich werde dir nicht helfen, meinen Schulkameraden zu bestrafen“) änderte, bis Alex irgendwann im Frühjahr 2020 einen schweren Nervenzusammen-bruch hatte. Er rief mich morgens an und war mit tränenerstickter Stimme kaum in der Lage, vernünftig zu sprechen. Ich verstand, dass Alex offenbar in echter innerer Not und nicht fähig war, die ganze Sache für sich zu klären, deswegen sprang ich ein und wir fanden tatsächlich einen Weg, um den Konflikt zu befrieden, zumindest oberflächlich und provisorisch.
Ich fing danach an, zu recherchieren, wie sich diese heftigen emotionalen Reaktionen bei Alex erklären ließen und stieß quasi direkt auf das Thema „Trauma und Traumafolgestörungen“. Nach intensiver Einarbeitung ins Thema war ich (und bin bis heute) absolut sicher, dass bei Alex eine komplexe Posttraumatische Belastungsstörung mit struktureller Dissoziation (Spaltung der Persönlichkeit) bzw. eine partielle Dissoziative Identitäts-störung vorliegt. Alex wirkte im Alltag die meiste Zeit „normal“, weil er sich in einer funktionellen Alltagspersönlichkeit bewegte. Bei seinen Wutausbrüchen und Zusammenbrüchen in hilflose Verzweiflung handelte es sich offenbar um reaktivierte dissoziierte (abgespaltene) Persönlich-keitsanteile. Zudem hat Alex aufgrund der Dissoziation großer Teile seines Gefühlslebens wohl keinen bewussten Zugang zu seiner Empathie und ist nicht fähig, u. a. Motive und Gefühle anderer Menschen bewusst zu erfassen, was zu einer verzerrten Wahrnehmung von Menschen und sozialen Situationen führt. Dazu kommen diverse Abwehrmechanismen, die dafür sorgen, dass Alex unfähig ist, umfassend Verantwortung für sich, seine Gefühle und sein Handeln zu übernehmen und Täter- und Opferrollen umkehrt, vermutlich um unerträgliche Schuldgefühle zu vermeiden.
Und ja, ich bin davon überzeugt, dass es sich bei diesem Verhalten um Symptome einer schwerwiegenden psychischen Störung handelt und nicht um bösartiges Verhalten.
Ich gab meine Erkenntnisse an Alex weiter, mit der Bitte, auch seinen damaligen Therapeuten im MRVZN zu informieren. Soweit ich weiß, hat er das getan, allerdings ohne Ergebnis. Dann kam (Mitte 2020) das psychiatrische Gutachten, das Alex für „gesund“ bzw. therapiert erklärte und seine Erledigung empfahl. Meine Einschätzung der Lage damals war, dass Alex’ schwere Traumatisierung im MRV sowieso nicht therapiert werden konnte, aber Alex war zu dem Zeitpunkt einigermaßen stabil, funktional und gewillt, auch nach einer möglichen Entlassung weiterführende Therapie zu machen. Eine zügige Entlassung aus dem Vollzug, stabile soziale Netze und eine spezielle Traumatherapie erschienen mir daher als der best-mögliche Weg, um Alex’ verbliebenes (vom Gutachter offenbar übersehenes) Gefährdungspotenzial zu entschärfen. Gleichzeitig war mir klar: Muss Alex nochmal für vier Jahre ins Gefängnis, also eine Umgebung, die massiv belastend auf die Psyche wirkt, ist das Ding wahrscheinlich gelaufen.
In den folgenden 1 ½ Jahren (2020/21) tat ich daher alles mir Mögliche, um Alex eine Entlassung aus dem MRV und Aussetzen der Reststrafe auf Bewährung zu ermöglichen. Das folgende gerichtliche Verfahren zog sich über mehrere Monate. Alex war in dieser Zeit stark belastet und fing an, wieder zu Subutex zu greifen, obwohl er zuvor völlig clean war. Ich versuchte irgendwie, ihn halbwegs stabil zu halten, unter Einsatz all der Kraft, die ich aufbringen konnte. Genau wie Alex selbst versuchte ich außerdem, die Gerichte darauf aufmerksam zu machen, dass ein Vollzug der restlichen Freiheitsstrafe alle bisherigen Erfolge des MRV zunichtemachen könnte. Am Ende vergebens.
Nach der Überstellung ins Gefängnis (Mitte 2021) war der Alex, den ich kennengelernt und in den ich mich verliebt hatte, nicht mehr da. Es war nur noch der abgestumpfte Narzisst übrig, als der Alex mittlerweile wieder öffentlich in Erscheinung tritt. Ich versuchte zuerst noch, an Alex’ Seite zu bleiben, aber es wurde immer deutlicher, dass unsere Wege nicht mehr vereinbar waren und es keine gemeinsame Zukunft geben würde. Im Herbst 2022 beendeten wir unsere Partnerschaft. Zuerst blieben wir noch als Freunde in Kontakt, bis wir Anfang 2022 erneut in Konflikt gerieten. Alex fing wieder an, mich zu attackieren, bis ich nicht mehr konnte – als ich den starken Impuls verspürte, mir jetzt und sofort das Leben zu nehmen, um Alex’ Wut zu entkommen, zog ich die Notbremse und brach den Kontakt ab.
In den Jahren danach regelten wir nur noch unsere Scheidung, die Ende 2024 rechtskräftig wurde. Der Kontakt zu Alex in dieser Zeit war friedlich; gelegentlich berichtete er mir, wie es bei ihm lief, aber das interessierte mich nicht mehr. Ich hatte entschieden, mich von Alex fernzuhalten und ihm zugesichert, nicht öffentlich über unsere Beziehung und meine Erfahrungen mit ihm zu reden, unter der Bedingung, dass er nach seiner Entlassung die Gesetze beachtet und nicht wieder anfängt, Menschen zu schaden. Nach Alex’ Entlassung aus dem Vollzug im Frühjahr 2025 verfolgte ich nur punktuell, was er (in den sozialen Medien) tat. Erst im November 2025 habe ich entschieden, mich doch einzumischen, weil ich die Bedingung, dass Alex sich an die Gesetze hält und niemandem schadet, nicht mehr als gegeben ansehen kann. Seither attackiert Alex mich privat wie öffentlich und ich sehe mich genötigt, darauf zu reagieren. Es liegt nicht in meinem Interesse, meinem Ex-Mann zu schaden. Aber er verbreitet Falschinformationen über mich und unsere Beziehung, die ich nicht unwidersprochen stehen lassen kann und möchte. Daher habe ich diese Stellungnahme als Gegen-darstellung verfasst und werde künftig ggf. auch in kurzen Videobotschaften zu konkreten Vorwürfen Stellung nehmen.
Noch speziell zu Alex’ Gefährlichkeit:
Seit ich zu der Erkenntnis gelangt bin, dass bei Alex wahrscheinlich eine schwere Traumafolgestörung vorliegt, habe ich ihm wiederholt gesagt, dass ich ihn u. a. wegen seiner abgespaltenen Wut für potenziell gefährlich halte, jedenfalls solange er sich nicht behandeln lässt. Es besteht ja permanent das Risiko, dass Alex getriggert wird und die Kontrolle verliert, egal wie entschlossen er sich vornimmt, sich an die Gesetze zu halten. Das wollte er nie wirklich wahrhaben. Während meiner Zeit an Alex’ Seite war das Risiko überschaubar, weil er relativ stabil und therapiewillig war. Die Haft hat aber offenbar (wie zu erwarten war) zu einer Verschlechterung von Alex’ Gesamtzustand und zu einer erneuten Verstärkung seiner selbst- und fremdzerstörerischen Tendenzen geführt. Traumafolgestörungen sind an sich gut behandelbar, aber nur wenn sie als solche erkannt/akzeptiert und zielgerichtet therapiert werden. Ansonsten heilen insbesondere schwere Traumafolgestörungen nicht von alleine aus, d. h. das Risiko, dass Alex erneut Menschen verletzt oder tötet, dürfte hoch bleiben, solange er sich nicht eingestehen kann, dass er sich behandeln lassen muss oder die Behör-den eingreifen.
Ich kann daher nur jedem, der derzeit in persönlichem Kontakt zu Alex steht, raten, sich des Risikos bewusst zu sein, nichts zu tun, was Alex triggern (Wutausbrüche provozieren) könnte und im Allgemeinen gut auf sich aufzupassen. Alex’ Fassadenpersönlichkeit vermittelt falsche Sicherheit – er kann binnen Sekunden in andere Persönlichkeitsanteile switchen; das sollte jeder, der mit ihm zu tun hat, wissen.